Sunday, July 1, 2007

Vorromanik und Romanik

Als sich Karl der Große im Jahr 800 in Rom zum Kaiser krönen lässt, begründet er nicht nur eine bis ins 16. Jahrhundert dauernde politische Praxis, sondern erneuert auch ästhetisch eine europäische Tradition. Seine Rückkehr an die in der Völkerwanderungszeit zu einem Dorf geschrumpfte römische Ex-Metropole lässt sich zum einen als die erste nachantike Anknüpfung an die große Zeit des Römischen Reiches lesen, weshalb die Kunstproduktion unter Karl auch karolingische Renaissance genannt wird. Zweitens verbindet sich das Kaisertum eng mit der fortan wichtigsten Macht, die auch die meisten Bauten und Bilder produzieren wird: der römisch-katholischen Kirche. Während sich die merowingische Kunst und ihre Vorgänger noch der keltischen Kultur zurechnen lässt, entfaltet die karolingische Kunst bereits den Reichtum und die Vielfalt eines "Stils", der sich dank der Machtausdehnung Karls in ganz Mitteleuropa verbreitet. In der Malerei ragen Werke der Buchmalerei und der Wandmalerei hervor, eine Reihe von illustrierten Handschriften ordnet man einer Hofschule Karls des Großen zu. In der Architektur wird etwa mit der Aachener Pfalzkappelle versucht, die Tempelbauformen der römischen Kaiserzeit zureaktivieren.
Die den Karolingern nachfolgenden Ottonen führen die qualitätvolle Buchmalerei fort (z.B. die Reichenauer Malerschule) und sorgen, wie die darauffolgenden Salier und Staufer für viele neue Kirchenbauten u.a. in den Gebieten der Expansion nach Osten. Die romanische Architektur zeichnet sich, v.a. im Vergleich zur nachfolgenden Gotik, durch ihre feste Bauweise und einen wehrhaften Charakter aus. Kirchen mussten oftmals noch die Funktion von Burgen erfüllen (Wehrkirche), große Fenster waren technisch noch nicht möglich und aus Sicherheitsgründen nicht erwünscht. Dagegen stand ein hoher Bedarf an Mauerfläche für die Wandmalerei. Weiterer Schmuck waren zweifarbige Bänderungen der Pfeiler und Gewölbegurte, sowie Skulpturen an Portalen und Lettnern. Wichtige romanische Bauten sind z.B. der Speyerer Dom, die Abtei von Cluny. Bedeutende skulpturale Kunstwerke sind außerdem aus Bronze erhalten, u.a. die Hildesheimer Bernwardssäule. Dem Kunsthandwerk kommt der aufblühende Reliquienhandel zugute, der die Nachfrage nach prächtigen Reliquiaren erzeugt sowie die liturgischen Erfordernisse der Kirche (Tabernakel, Vortragekreuze, Meßkelche, bestickte liturgische Gewänder, Radleuchter etc.). Mit der Entstehung neuer Reformorden (Cluniazenser, Zisterzienser etc.) entstehen strengere Bauordnungen und präzise Vorschriften für künstlerische Gestaltung, die die Formenentwicklung immer mehr ausdifferenzieren.

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