Monday, April 2, 2007

Moderne

Die Aufklärung bereitete den Kunstbegriff der Moderne vor. Emanzipierte sich am Ende des Mittelalters der Künstler zum autonomen Subjekt, so emanzipierte sich am Ende des barocken Feudalismus das Kunstwerk selbst und wurde autonom. Im Zeitalter von Maschinen, Arbeitsteilung und Automatisierung veränderte sich der Status von handwerklicher Arbeit in der Kunst. Kunst existiert nun nicht mehr in Funktionszusammenhängen, sondern allein aus sich heraus, wird zu L'art pour l'art. Die in Funktionszusammenhängen verbleibenden Kunstformen konstituieren sich unter dem neuen Oberbegriff Kunstgewerbe oder Angewandte Kunst.

Waren in der bildenden Kunst bisher Kunststile und Epochenbezeichnungen nachträglich dem jeweiligen Kunstschaffen angehängte Termini, so prägen nun Künstler oder ihre diskursiven Gegen- und Mitspieler, die neue Gruppe der Kunstkritiker, selber ihre Kategorien: es entstehen zahllose, zum Teil parallele Ismen.

Mit dem Beginn der Moderne beginnt zugleich der Antagonismus der Gegenmoderne. Waren bis zur Aufklärung die Adressaten für Kunst nur ein sehr kleiner Kreis (der Klerus, der Adel, das reiche Bürgertum), so erweitert sich das Publikum mit der Entstehung des freizugänglichen Kunstmarktes, den zu seiner Förderung veranstalteten öffentlichen Ausstellungen ("Salons) und den in der Presse eröffneten Debatten über Kunst, der massenhaft verlegten Literatur etc. beträchtlich. Zugleich konzentrierte sich die künstlerische Auseinandersetzung sowohl in bildender Kunst wie der Musik oder Literatur immer stärker auf die Untersuchung der eigenen Entstehungsbedingungen. In dem Maße, in dem sich die Kunst selbst thematisierte (Metakunst), verlor sie das Interesse der breiten Schichten, denen sie als Avantgarde eigentlich vorangehen wollte.

Blieben zuvor Konflikte um Kunst intern und waren z.B. patriotischer Natur (Florentinisches Disegno contra Venezianisches Colore) oder eine Frage des Geschmacks (Rubenisten contra Poussinisten, Streit der Anciens et Modernes etc.), so verweigern nun ganze Teile der Gesellschaft der Kunst ihrer Zeit die Akzeptanz. Es entwickelt sich eine Gegenmoderne, die sich ihre eigenen Ausdrucksformen sucht, u.a. im rückwärtsgewandten Kitsch und im Anachronismus, in verschiedenen Neoklassizismen oder in der aktiven Diffamierung der Moderne.

Einen Höhepunkt erreicht diese Diffamierung im Nationalsozialismus, der mit dem Schlagwort Entartete Kunst die Klassische Moderne im Ganzen zu treffen versuchte: durch Berufsverbote, höhnische Präsentationen bis hin zur physischen Vernichtung. Ab November 1936 wurden nach und nach alle Abteilungen der Kunst des frühen 20. Jahrhunderts in den deutschen Museen aufgelöst. In der Sowjetunion entstanden in den 20er Jahren die noch als revolutionär empfundene Avantgarden Konstruktivismus und Suprematismus, mit Beginn des Stalinismus gewinnt der anti-moderne Reflex die Überhand und führt zum Sozialistischen Realismusin Literatur, bildender Kunst und Musik.

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